Konfessionsbilder

Konfessionsbilder sind ein typisch evangelisches Bildgenre aus lutherischer Tradition, entstanden im konfessionellen Zeitalter. Sie zeigen die Bedeutung des Bekenntnisses (confessio) für das Leben der Kirche in den Sakramenten und Amtshandlungen (Kasualien).

Konfessionsbild

Von: Schöllkopf, Wolfgang

Inhaltsverzeichnis
  1. 1: Evangelische Bilder
  2. 2: Das Konfessionsbild von Ulm-Jungingen
  3. 3: Christologie und Trinität
  4. 4: Predigt des Gekreuzigten
  5. 5: Abendmahl
  6. 6: Taufe
  7. 7: Beichte
  8. 8: Katechismusunterricht
  9. 9: Trauung
  10. 10: Kirchenmusik
  11. 11: Übergabe der Augsburger Konfession
  12. Anhang

1: Evangelische Bilder

Konfessionsbilder sind ein typisch evangelisches Bildgenre aus lutherischer Tradition, entstanden im konfessionellen Zeitalter. Sie zeigen, wie ihr Name sagt, die Bedeutung des Bekenntnisses (confessio) für das Leben der Kirche in den Sakramenten und Amtshandlungen (Kasualien). Sie sind damit ein „Orientierungsdokument der zeitgenössischen konfessionellen Selbstgewissheit des Protestantismus“. (Drehsen, 55) Ihre Grundlage und ihr Urdatum ist das Augsburger Bekenntnis und seine Übergabe an den Kaiser durch die evangelischen Reichsstände am 25. Juni 1530. Die reichste Überlieferung dieser Bildtradition stammt aus dem fränkischen und auch dem sächsischen Raum. So ist die Darstellung der „Kirchen-Ceremonien“ von Coburg zum Jubiläum des Augsburger Bekenntnisses 1630 entstanden (Brückner, 159). Noch weiter zurück geht das älteste bekannte Konfessionsbild in der Gestalt eines Konfessionsaltars in Weißenburg von 1606. (Brückner, 265)

Dabei gibt es zwei Grundformen, die zu Vorbildern wurden: Die eine stellt das historische Ereignis der Konfessionsübergabe in den Mittelpunkt und ordnet die kirchlichen Auswirkungen darum herum. Die zweite Grundform ist trinitarisch, bzw. christologisch orientiert, stellt das Heilswerk Christi in die Mitte und zeigt die Handlungen der Kirche darauf bezogen.

In einer Zeit zunehmender konfessioneller Abgrenzung befördern die Konfessionsbilder die Kenntnis der Erkennungsmerkmale der lutherischen Kirche. Zwar hatte die Reformation die Kirchenbilder des Mittelalters „gestürmt“, die ihrer Ansicht nach zu Verehrung und Anbetung verführten. In der reformierten Tradition mussten alle bildhaften Darstellungen verschwinden. Nach Luther jedoch durften die „nützlichen Bilder“, die biblische Szenen oder die Geschichte der Kirche zeigten, bleiben. Im Konfessionsbild nun gewinnen die Evangelischen das Bild als Anschauung des Glaubens wieder.

Im heutigen Württemberg finden sich Konfessionsbilder in Bopfingen, Giengen/Brenz, Schorndorf, im hohenlohischen Langenburg und Waldenburg, sowie das hier näher betrachtete in Ulm-Jungingen.

2: Das Konfessionsbild von Ulm-Jungingen

Das Konfessionsbild in der Evangelischen Kirche Peter und Paul in Ulm-Jungingen von 1711

Fotograf: Dieter Peters

Das Konfessionsbild in der evangelischen Peter- und Paulskirche in Ulm-Jungingen wurde 1711 gestiftet von dem dortigen Schuhmacher Ulrich Feßlen und von einem unbekannten Maler ausgefertigt.

(In Jungingen gibt es übrigens noch ein weiteres Bild in dieser Tradition, das sogenannte „Stifterbild“ von 1727, gestiftet von Johannes Reutti, als „Mangmeister“ der Ulmer Loderer-Zunft, ebenfalls von einem unbekannter Maler. Sein Vorbild ist ein Kupferstich aus dem Jahr 1628 von Bartholomäus Wagner aus Lauingen, der aus konfessionellen Gründen nach Reutlingen umgesiedelt war. Sein Bild nach einer Eisenacher Tradition ist im Vorfeld der Jahrhundertfeier des Augsburger Bekenntnisses entstanden. (Abb.: Brückner, 234). Auf ihm steht klassisch die Übergabe des Augsburger Bekenntnisses in der Mitte. Eine Besonderheit darauf ist die Darstellung der Kirchenausweisung der als „Ketzer“ bezeichneten radikalen oder reformierten Reformatoren Karlstadt, Zwingli und Ökolampad. (Abb.: Brückner, 235))

Auf dem hier zu betrachtenden Bild von 1711 aber ist die zweite Grundform zu erkennen mit ihrer christologischen Orientierung. Unter dem Kreuz Christi in Großszene bestimmend dargestellt ist die Austeilung des Altarsakraments „in beiderlei Gestalt“ von Brot und Wein. Die dabei abgebildeten Personen tragen Ulmer Reichsstadttrachten des späten 17. Jahrhunderts.

Die einzelnen Darstellungen sind als Wort-Bild-Marke gestaltet und mit den dazugehörigen Bibelworten, aber auch katechetischen Auslegungen gekennzeichnet. Es ist eine reformatorische Besonderheit, dass damit die biblische Grundlage (norma normans) und die sie auslegende Bekenntnistradition (norma normata) gemeinsam genannt werden.

 

3: Christologie und Trinität

Konfessionsbild. Detail: Dreieinigkeit

Fotograf: Dieter Peters

In der Mitte Christus allein: „solus Christus“. Der übermöbilierte mittelalterliche Kirchenraum ist freigeräumt, gibt den Blick frei. Das Kreuz weist auf die mittelalterliche Tradition des „lebenden, handelnden Kruxifix“ (Brückner, 53). Darüber ist gewagt die heilige Dreieinigkeit abgebildet: Gott als Vater, König und Priester mit der Tiara, der Papstkrone, und der Heilige Geist in Gestalt einer Taube. Alle Details des Gesamtbildes sind auf diese Mitte bezogen.

4: Predigt des Gekreuzigten

Konfessionsbild. Detail: Kanzelpredigt

Fotograf: Dieter Peters

Rechts vom Kreuz findet sich außen am Bildrand das evangelische Kennzeichen der Predigt. Da die Bildkomposition insgesamt einen Kirchenraum darstellt, ist die Kanzel an die sie tragende Wand gerückt. Inhaltlich ist die Predigt und auch der Prediger jedoch ganz mit dem Gekreuzigten verbunden: „wir aber predigen den gekreuzigten Christus“. (1. Kor. 1, 23) Die Darstellung Luthers als Prediger durch Lucas Cranach in der Predella des Altars der Stadtkirche zu Wittenberg ist das Urbild dieser Tradition. Die Konzentration auf Christus ist Reichtum und Armut seiner Kirche zugleich. Eine Sanduhr neben dem Prediger gibt die für die Predigt vorgesehene Zeit an.

5: Abendmahl

Konfessionsbild. Detail: Abendmahl

Fotograf: Dieter Peters

Aus der Mitte im Kreuz Jesu Christi folgt unmittelbar die Hauptszene im Vordergrund des Bildes: das Altarsakrament. Das Opfer ist ein für alle Mal vollzogen am Kreuz. Deshalb ist der Abendmahlstisch betont leer geräumt, nur versehen mit der Hostienpatene und der evangelischen Errungenschaft unter den liturgischen Geräten, der Abendmahlskanne, zur Austeilung in Brot und Wein. Es wird kein Messopfer mit Wandlung gefeiert, sondern das hier abgebildete verkündigte Wort wirkt die Gegenwart des gekreuzigten und auferstandenen Herrn. So sind die beiden evangelischen Sakramente „Wortzeichen“ (Johannes Brenz). Auf den „Abendmahlstafeln“ sind das Vater Unser und das Deute-Wort zur Kommunion zu lesen. (Siehe: Brückner, 197f.). Der Empfang geschieht kniend und als Mundkommunion für Männer und Frauen, samt dabei anwesender Kinder.

6: Taufe

Konfessionsbild. Detail: Taufe

Fotograf: Dieter Peters

Auf der linken Seite oberhalb wird an das zweite evangelische Sakrament erinnert: die heilige Taufe. An einem großen Taufbecken, in dem früher ganz untergetaucht wurde, wird ein neugeborenes Kind getauft und so in die Gemeinschaft mit Christus und der Christenheit aufgenommen. Der Pfarrer, der das Kind dazu selbst hält, trägt, wie auch in den anderen Szenen, einen weißen Chorrock (Albe), der in vielen württembergischen Gemeinden eigentlich nur zur Kennzeichnung des Sakraments im Interim verordnet wurde und danach lange üblich blieb. Anwesend sind Eltern oder Gevattern, wieder mit einem Kind an der Seite.

7: Beichte

Konfessionsbild. Detail: Beichte

Fotograf: Dieter Peters

Darüber zeigt das Beichtgespräch je mit einem Mann und einer Frau die neue Stellung des Sakraments der Beichte: Die Reformation hatte zwar die Zwangs- und Ohrenbeichte abgeschafft, die offene Beichte zur Anmeldung und Vorbereitung auf das Abendmahl und als seelsorgerliches Gespräch jedoch beibehalten. In der Junginger Kirche erinnert noch ein offener Beichtstuhl von 1753 daran. Erst unter den Einflüssen der Aufklärung und des Pietismus wird die evangelische Beichte abgeschafft. Aber noch heute gibt es sie in der Seelsorge und auch der evangelische Pfarrer unterliegt dem Beichtgeheimnis.

8: Katechismusunterricht

Konfessionsbild. Detail: Katechismusunterricht

Fotograf: Dieter Peters

Auf der rechten Bildseite unterhalb der Kanzel ist eine Unterrichtsszene dargestellt, mit Schülern in einer Bank und zwei Geistlichen gegenüber, einer davon auf einem Katheder („Lehr-Kanzel“, Brückner 178): der Katechismusunterricht. Anhand der Katechismen von Martin Luther und Johannes Brenz sollen die Schüler befähigt werden, selbst zu sagen, wess’ Glaubens Kind sie sind und so mündig werden. Der beigefügte Text ist der Beginn des Brenzschen Katechismus von 1529: Wes Glaubens seid ihr? – Wir sind Christen. Warum seid ihr Christen? – Darum dass wir an Jesus Christus glauben und in seinem Namen getauft sind.

9: Trauung

Konfessionsbild. Detail: Trauung

Fotograf: Dieter Peters

Über der Unterrichtsszene ist eine kirchliche Trauung dargestellt. Sie ist nach evangelischer Auffassung kein Sakrament, sondern eine gottesdienstliche Segnung. Nach Luthers Traubüchlein von 1529 fand die Konsensäußerung der Eheleute vor der Kirchentür, die Segnung dann in der Kirche vor dem Altar statt, der deshalb hier extra noch einmal abgebildet ist. Hinter den Eheleuten stehen die Trauzeugen.

10: Kirchenmusik

Konfessionsbild. Detail: Orgelspieler

Fotograf: Dieter Peters

Links oben im Eck findet sich eine Besonderheit des Junginger Bildes: Die wichtige Rolle der Kirchenmusik im evangelischen Gottesdienst wird hier nicht, wie sonst üblich, mit einem Chor, sondern mit der Orgel dargestellt. Beide haben als vornehmste Aufgabe, die Gemeinde zum Singen zu bringen, denn evangelische Gemeinde ist singende Gemeinde. So schon Martin Luther in seiner Predigt zur Einweihung der Schlosskirche zu Torgau am 5.10.1544 in seinem dialogischen Gottesdienstverständnis: „das nichts anders darin geschehe, denn das unser lieber Herr selbs mit uns rede durch sein heiliges Wort, und wir widerumb mit jm reden durch Gebet und Lobgesang“. (WA 49, 588)

11: Übergabe der Augsburger Konfession

Konfessionsbild. Detail: Augsburger Bekenntnis

Fotograf: Dieter Peters

Auch auf diesem christologischen Grundtyp des Konfessionsbildes findet sich das Urdatum der lutherischen Identität als „konfessionspolitische Legitimierung“ (Drehsen, 59), die Übergabe des lutherischen Hauptbekenntnisses an den Kaiser beim Reichstag in Augsburg am 25. Juni 1530. Der Kurfürst von Sachsen übergibt das Buch, hinter ihm stehen die evangelischen Reichsstände mit ihren Wappen, die das Bekenntnis unterschrieben hatten, darunter die für Württemberg wichtigen Personen, Landgraf Philipp von Hessen und Bürgermeister Jos Weis von Reutlingen. Es ist eine symbolhafte, keine historische Darstellung. Das Augsburger Bekenntnis galt nicht mehr als Konsensgespräch, sondern bekam „Fundamentierungsfunktion für die inzwischen herausgebildete lutherische Konfession“. (Drehsen, 63)

Keines der, in der Arbeit von Wolfgang Brückner vorbildlich gesammelten bekannten Konfessionsbilder vereint alle Details in einem. So fehlen in dem Junginger Exemplar etwa die Bestattung als christliches Werk der Barmherzigkeit oder das Almosengeben. Ebenso ist auch in den gottesdienstlichen Szenen die Gemeinde nur in Einzelpersonen sichtbar.

Dennoch geht es laut Volker Drehsen nicht um „protestantische Frömmigkeitsfolklore“, sondern um „Bildungsreligiosität im besten Sinne: als eine Konfession, die ihre wesentlichen Inspirationen und Argumentationen dem kanonischen Text der recht verstandenen Bibel entlehnt und dieses rechte Verständnis immer wieder aufs Neue gewissenhaft zu überprüfen und zu erweitern weiß. Die Konfessionsbilder setzen nicht einfach das Ergebnis einer geschichtlichen Entwicklung als verpflichtende Tradition voraus, sondern zeigen auf subtile Weise vor allem den nachvollziehbaren Weg dahin. Sie wollen überzeugen, nicht überwältigen.“ (Drehsen, 74)

Konfessionsbilder stellen so dar, „welche ausschlaggebende Rolle zentrale reformatorische Glaubensaussagen für die praktische, liturgische und pastorale Ausprägung einer bestimmten konfessionellen Frömmigkeit spielen“. (Drehsen, 59)

Aktualisiert am: 08.08.2018