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Von: Quack, Jürgen
Johann Gottlieb Christaller (1827-1895)
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Archiv der Basler Mission, QS-30.006.0256.01. Foto:Hermann Brandseph, Stuttgart
Es war keine leichte Aufgabe, die dem jungen Johann Gottlieb Christaller anvertraut wurde: Er sollte eine afrikanische Sprache erforschen, die bisher keine Schrift besaß, sollte ein Wörterbuch und eine Grammatik, dazu Schulbücher und eine Bibelübersetzung anfertigen. Nur eines war schon deutlich: diese Sprache besaß viel mehr Töne als das deutsche Alphabeth Buchstaben besaß.
Christaller wurde 1827 im württembergischen Winnenden geboren und wuchs nach dem frühen Tod des Vaters in Armut auf. Er lernte den Beruf des Schreibers, also eines Verwaltungsangestellten im örtlichen Rathaus. Durch den Besuch der Missionsstunden des Pfarrers motiviert, meldete er sich in Basel für die Ausbildung zum Missionar. Schon früh wurde dort seine große Sprachbegabung erkannt. Daher wurde er 1852 mit dem Auftrag ausgesandt, die Sprache der Region um Akropong auf der Goldküste im heutigen Ghana zu erforschen. Diese war bisher unter verschiedenen Bezeichnungen bekannt: Otschi, Otji, Otsui, Chee, Tshi oder Tyi.
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Archiv der Basler Mission, D 30.64.154.
Christaller suchte den Kontakt mit den Menschen und war fasziniert. Er kam geradezu ins Schwärmen, wenn er die Vorzüge der afrikanischen Sprachen schilderte: sie seien reich an malerischen Wortformen und Ausdrücken „und wem erst der Sinn für den beständigen Wechsel der hohen und tiefen Töne in größeren und geringeren Abständen mit allerlei Zwischenstufen aufgegangen ist, der muss diesen Sprachgesang anmutig und seelenvoll finden.“ Begeistert berichtete er nach Basel, er sei dabei, die „Früchte, Blüten, Laub und Zweige des Bäumchens der Otschi-Sprache“ kennenzulernen und in eine systematische Ordnung zu bringen. Dabei entdeckte er die Bedeutung der unterschiedlichen Tonhöhen: „Begonnen wird meist in höheren Tönen, dann hüpft und fließt und bewegt sich der Strom der Rede wellenförmig mit hohen oder tiefen Schlusssilben (…).“(1) In enger Zusammenarbeit mit seinen einheimischen „Sprachgehilfen“ verstand er es, die vielschichtigen Bedeutungshorizonte zu entschlüsseln und in geschriebenes Wort zu übertragen. Um die unterschiedlichen Töne und die Tonhöhe schriftlich festzuhalten, schuf er ein System von 39 Vokalzeichen.
Neben der Arbeit an der Sprache um Akropong, die heute Twi genannt wird, untersuchte er mit Unterstützung einheimischer Mitarbeiter auch zahlreiche andere afrikanische Sprachen und Dialekte.(2) Seine Mitarbeiter stammten aus der ersten Generation einheimischer Christen, die, ausgebildet in den Basler Missionsschulen, selbst unterrichtend, evangelistisch und schreibend tätig waren. Es gelang diesem interkulturellen Team nicht nur Sprachen zu verschriftlichen, sondern auch spezifische, kulturell verortete Ausdrucksweisen zu übersetzen und die Grundlagen für eine Twi-Literatur zu schaffen. Ihr Beitrag zu Bildung, Sprache und Kultur ebnete den Weg zu einer selbständigen Kirche in Ghana.
Wegen seiner schwachen Gesundheit kehrte Christaller mit seiner Familie 1868 nach Deutschland zurück und ließ sich in Schorndorf nieder. Seine Sprachstudien führte er zeitlebens fort. Neben zahlreichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen gab er seit 1883 die erste ghanaische Zeitschrift in den Sprachen Twi und Ga (heute: „Christian Messenger“) heraus – selbstverständlich gemeinsam mit seinen afrikanischen Weggefährten, die ihn immer wieder in Schorndorf besuchten.
Die mittlerweile selbständige Presbyterian Church of Ghana (PCG) schätzt Johann GottliebChristaller bis heute sehr. Als sie 1986 in Akropong ein Forschungs- und Studienzentrum zur Frage von Mission, Kultur und Sprache einrichtete, nannte sie es „Akrofi*-Christaller Memorial Centre“, heute eine kleine Universität mit Studierenden aus ganz Afrika. Der Gründungsrektor Kwame Bediako sagte über Christaller mit großem Respekt: Er ist einer unserer Ahnen geworden.“
Aktualisiert am: 04.06.2024
Bildnachweise
Zitierweise
https://www.wkgo.de/cms/article/index/christaller-johann-gottlieb (Permalink)
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