Schneller, Magdalena

Von: Eisler, Jakob

Magdalena Schneller (1821-1902)


Magdalena Schneller

Landeskirchliches Archiv Stuttgart

Jugend und Hochzeit

In Bezgenrieth wird am Neujahrstag 1821 dem Bäcker Joseph Böhringer und seiner Ehefrau Christina, geb. Schmid aus Heiningen eine Tochter Magdalena geboren. Das Ehepaar hatte noch zwei weitere Töchter. Im Jahr 1831 zieht die Familie nach Eschenbach und Joseph Böhringer übernimmt das Gasthaus mit Übernachtungsmöglichkeit zum „Schwarzen Adler“.  Das Elternhaus ist sehr religiös und hier werden Magdalena die ersten christlichen Eindrücke vermittelt. Durch gute Lehrer, die auf sie eingingen und durch den Konfirmandenunterricht wurde sie selbstsicherer. Sie beendet die Volksschule in Eschenbach und soll einen Beruf ergreifen. Zuerst zieht sie aber für zwei Jahre zum Ortspfarrer Johann Christian Engel (1798-1877) und lebt dort als Hausgenossin. Sie wird wie eine eigene Tochter gehalten und geliebt und lernt einen Pfarrershaushalt kennen. Sie bekommt neue Anregungen und wird in die Literatur eingeführt. In vielen Gesprächen mit Pfarrer Engel und dessen Frau werden ihre religiös-schwärmerischen Gedanken gemäßigt. Gleichzeitig lässt ihr Tagebuch erkennen, welche Fragen sie in geistiger und geistlicher Hinsicht bewegen. Im Alter von 23 Jahren entwickelt sich bei ihr der Wunsch in der Mission zu arbeiten. Für ihre Eltern ist diese Idee genauso phantastisch wie die Ablehnung verschiedener Heiratsanträge, da sie ja eine gute Partie ist.-

Im nahen Dorf Ganslosen (heute Auendorf) arbeitet der beliebte Lehrer Johann Ludwig Schneller (1820-1896) und hält dort „Stunden“. Magdalena besucht mit anderen aus Eschenbach diese Vorträge und nutzt die Gelegenheit, Herrn Schneller auch zu ihren Heiratsanträgen zu befragen. Bei einigen rät er ihr sogar zu. Aber sie will noch nicht heiraten. In den „Stunden“ bekommt sie auch neue geistliche Anregungen und Hilfen. Sie arbeitet privat als Krankenpflegerin in verschiedenen Orten, dann als Aufseherin in der Göppinger „Rettungsanstalt“ und später als Aufseherin in Wilhelmsdorf bei Ravensburg, einer Anstalt für entlassene weibliche Gefangene.

Der Lehrer Schneller arbeitet inzwischen als Leiter einer Anstalt für entlassene jugendliche Gefangene in Vaihingen/Enz. Magdalena bleibt im Briefverkehr mit ihm und lässt sich in ihrem Glaubensleben von ihm beraten. Bei einem Besuch 1847 in ihrem Elternhaus vor seiner Abreise in die Schweiz als Leiter der Missionsschule St. Chrischona schreibt er in ihr Stammbuch die prophetischen Worte „Wir sollen in Jerusalem Bürger werden“. Ende 1853 verloben sie sich und werden am 8. August 1854 in Eschenbach von Pfarrer Engel getraut. Ein verheirateter Bruder ist für Christian Friedrich Spittler (1782-1867), dem Gründer von St. Chrischona, aber nicht akzeptabel. Deshalb bekommt Schneller von Spittler den Auftrag, das Brüderhaus der Pilgermission in Jerusalem zu leiten.

Reise nach Jerusalem

Am 2. Oktober fährt Schneller mit Magdalena und 6 anderen Handwerkermissionaren auf einem Segelschiff von Marseille nach Jaffa. Die dramatische Überfahrt ist in dem Reisetagebuch Schnellers und dem Büchlein „Nach Jerusalem müssen wir fahren“ beschrieben. Am 25. November wird die Gruppe endlich in Jaffa ausgebootet und zieht am 29. November von der evangelischen Gemeinde herzlich empfangen in Jerusalem ein. Im Brüderhaus herrscht eine reine Männerwirtschaft. Magdalena versucht mit schwäbischer Gründlichkeit erst einmal das Haus in Ordnung zu bringen. Im Mai 1855 erfolgt die dramatische Totgeburt ihres 1. Kindes. Ein Jahr später erlebt sie eine völlig normale Geburt ihres Sohnes Theodor. Magdalenas Schwester, Christine Mühlhäuser aus Eschenbach, war die Taufpatin aus der Ferne. Weitere Kinder des Ehepaares Schneller waren Ludwig, Maria, Benoni und Johannes.-

Die Idee mit dem Brüderhaus in Jerusalem scheitert. Mit dem Erbteil von Magdalena beginnt das Ehepaar weit außerhalb von Jerusalem einen Hausbau und wohnt während dieser Zeit in Laubhütten. Sie werden mehrmals von Arabern überfallen und ausgeraubt. Eine Laubhütte brennt beim Kochen ab. Aber sie werden in allem bewahrt. Nach der Sicherung durch Polizeiposten können sie endlich doch in ihr eigenes Haus einziehen.

Leben und Wirken im Syrischen Waisenhaus

Magdalena kann jetzt in der Mission arbeiten und hat mit ihren eigenen ein Haus voller Kinder  und wird von allen voll Verehrung „Mama Schneller“ genannt. In der Leitung der wachsenden Anstalt unterstützt sie ihren Mann und ist gleichzeitig für die Führung des bald auf 40 Kinder angewachsenen Haushalts verantwortlich. Täglich drei Mahlzeiten, Kleidung waschen und flicken, Kinder trösten und erziehen. Sie trägt die ganze Last der Anstaltsleitung während einer monatelangen Krankheit Schnellers. Es werden immer mehr Waisenkinder aufgenommen. Ihre eigenen Kinder muss sie bald zur Schul- und Studienausbildung nach Deutschland abgeben und sieht sie erst viele Jahre später wieder. Auch als ihre Tochter Maria von einer Töchterschule in Göppingen zurück und andere Helferinnen dazu kommen, liegt die Verantwortung der Leitung des großen Haushalts weiter bei ihr.

Im 57. Lebensjahr stürzt sie auf dem Weg zur Kirche nach Jerusalem von ihrem Esel und erleidet einen Schenkelbruch, der nur langsam verheilt und ihr eine lebenslange Gehbehinderung einbringt. Von da an ist sie auf einen Stock und eine sitzende Lebensweise angewiesen. Ihrem arbeitsfreudigen Leben werden dadurch Zügel angelegt. Aber im Sitzen kann sie noch gepresste Blumen aus dem „Heiligen Land“ auf Karten kleben und verkauft diese an Touristen und Freunde des Syrischen Waisenhauses. Vom Erlös dieser Arbeit spendet sie sogar zwei Glocken für die Waisenhaus-Kirche. Weiterhin führt sie einen regen Schriftverkehr mit den Freunden und Spendern des Syrischen Waisenhauses sowie ehemaligen Mitarbeiterinnen.

Lebensende

Magdalena Schneller erlebt den Ausbau des Syrischen Waisenhauses und das Wachsen der Familie mit Enkelkindern. Das zunehmende Alter macht sich jedoch bei ihr bemerkbar. Im Herbst 1896 stirbt Johann Ludwig Schneller nach kurzer Krankheit. Der Tod ihres geliebten Mannes macht sie einsam und sie erlebt das Witwenleid trotz aller Fürsorge und Liebe ihrer Kinder. Beim Besuch des deutschen Kaiserpaares 1898 in Jerusalem wird ihr von der Kaiserin Auguste Victoria das „Frauen-Verdienstkreuz am weißen Band“ für ihre große Lebensarbeit verliehen. Dann folgt ein schwerer Schicksalsschlag. Ihr jüngster Sohn, Dr. jur. Johannes Schneller (1865-1901), Vizekonsul in Kairo, stirbt plötzlich. Sie ist darüber untröstlich.

Ihre Schwäche wird größer und im Beisein ihres Sohnes Theodor und ihrer Tochter Maria schläft sie am 25. Mai 1902 still ein. Zwei Tage später wird sie auf dem Zionsbergfriedhof neben ihrem Mann begraben.

Aktualisiert am: 06.03.2024